Der Durchbruch des Powermeters oder Wattmessers im Profi-Radrennsport vor einigen Jahre stellte einen Wendepunkt in Sachen Training und Wettkampf dar, sodass er heute praktisch zu einem unerlässlichen Teil für den Hochleistungs-Radsport geworden ist aber auch für all diejenigen, die auf ihrem Rad einen qualitativen Sprung machen wollen.
Sein Ursprung führt uns in die 80er Jahre zurück, als der deutsche Ingenieur Ulrich Schoberer zu der Erkenntnis kam, dass die Leistung der einzige feste und konstante Wert war, um die Leistung auf dem Fahrrad zu verbessern. Um diese zu messen, entwickelte er die ersten Modelle eines SRM-Powermeters, der mit der Zeit immer kleiner, präziser, resistenter aber auch erschwinglicher wurde
Wir haben mit Alberto Losada und Tomi Misser vom Orbea Factory Team gesprochen und auch mit Mikel Azparren , dem Trainer und Botschafter von Orbea, um einige Aspekte des Trainings nach Wattwerten und des Gebrauchs des Powermeters im Detail kennenzulernen. Drei unterschiedliche Profile mit dem Powermeter als gemeinsamen Nenner:
Einmal kurz vorweg, für all die, die noch nicht im Bild sind, was bedeutet es nach Wattwerten trainieren?
Alberto Losada: Nach Wattwerten trainieren ist das präzisieren eines guten Trainings. Im Vergleich zum Pulsmesser ist die Arbeit wesentlich spezifischer und effektiver.
Mikel Azparren: Wattgesteuertes Training ist heutzutage das richtige Training. Und ich sage richtig weil es dazu dient zu sehen, wo deine Limits liegen, wann du sie überschreiten kannst und wann nicht. Nach Wattwerten zu trainieren gibt einem vor allem die Gewissheit und Ruhe, eine gute Leistung zu bringen.
Tomi Misser: Für mich bedeutet es, jederzeit genau zu wissen auf welchem Level deiner Kraft du dich befindest und diese beim Training zu kontrollieren. Es ist eine Art und Weise mit Verlass zu wissen, welchen Kraftaufwand wir leisten.
Wo liegt der Unterschied zwischen einem Training nach Wattwerten und nach Pulswerten?
Alberto: Vor vielen Jahren wurde mit dem Pulsmesser trainiert. Das ist aber etwas ganz anderes. Die Herzfrequenz ist sehr variabel; je nachdem wie gut oder schlecht du geschlafen hast, ist sie unterschiedlich. Die Wattwerte werden immer dieselben sein, was dir ein besseres Training als mit dem Pulsmesser garantiert.
Mikel: Genauso ist es. Der große Unterschied liegt darin, dass das Watt ein fester Wert ist und die Herzfrequenz nicht. Wie Alberto bereits gesagt hat, unterliegt der Puls zahlreichen Einflussgrößen wie zum Beispiel ein stressreicher Arbeitstag, ein gripaler Zustand usw. Zudem braucht die Herzfrequenz länger, um die anaerobe Schwelle zu erreichen*.
Tomi: Was es mit der Leistung (in Watt – W – gemessen) im Gegensatz zur Herzfrequenz (in Pulsschlägen pro Minute – HF – gemessen) auf sich hat ist, dass die Leistung konstant bleibt, selbst bei Müdigkeit, während die Herzfrequenz stark variiert, je nachdem wie du geschlafen hast oder ob du erschöpft vom Vortag bist, usw.
*Mikel, was bedeute man bräuchte länger, um die anaerobe Schwelle zu erreichen?
Mikel: Ich meine damit, dass wenn man früher sagte „Fahr den Berg zwischen der Zone 3 und 4 hoch“*, vom Moment wo du anfuhrst bist bis dein Puls die Zone 4 erreichte, waren vielleicht eine oder eineinhalb Minuten vergangen (denn das Herz steigert seine Frequenz progressiv). Bei einer Wattmessung siehst du es sofort (da die Leistung direkt angezeigt wird).
Tomi möchte auch etwas einwerfen: In anderen Worten, um X Pulsschläge zu erreichen musst du einen viel höheren Einsatz leisten als nötig, da du willst, dass dein Herz seine Frequenz erhöht. Mit der Leistung hingegeben passt sich das Herz der Leistung an, die du von ihm forderst.
*Was ist Zone 3, Zone 4?
Mikel: Die Zonen werden von vielen Trainern benutzt, um die Saison zu planen und auch damit der Sportler beim Training weiß, in welcher Zone er arbeitet: aerobe Zone, um Fett zu verbrennen, aerobe Zone, um Kohlenhydrate zu verbrennen, Zone der anaeroben Schwelle, Zone der maximalen Leistung usw. (es gibt insgesamt sieben Zonen).
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Zurück zu unserem Thema: Worin liegt der Unterschied zwischen einem ersten Training auf der Straße mit einem Pulsmesser oder mit einem Powermeter?
Alberto: Jemand der zum ersten Mal mit einem Powermeter fährt, erreicht den Pass und sagt anfänglich: „Wie leicht, ich erzeuge 500 W!“ und drei Minuten später merkt er, dass es sehr, sehr hart ist.
Mikel: Außerdem wirst du vielleicht ein bisschen verrückt. Sowohl der Pulsmesser wie der Powermeter geben Informationen, die dir helfen ein Training mit gewissen Parametern zu absolvieren, das normalerweise der Trainer festlegt, denn es gibt viel Information, die man selbst nicht so einfach zu managen weiß.
Tomi: Genau, es ist etwas ganz anderes. Bei deinem ersten Training mit Pulsmesser willst du schnell die gewünschte Herzfrequenz erreichen. Beim Powermeter oder Wattmeter siehst du unmittelbar die Zahlen, später ist es jedoch schwieriger dieses zu halten.
Und was würdest du mir bei meiner ersten Fahrt mit Powermeter empfehlen?
Alberto: Ich würde dir einen Belastungstest empfehlen.
Mikel: Ich stimme voll damit überein. Fahr zu einem Berg mit einem Höhenunterschied von zwischen 3% und 5% und steige 20‘ voll in die Pedale wenn du einigermaßen trainiert bist. Hinterher ziehst du vom Gesamtwert in Watt 5% ab und erhältst so deine Funktionsleistungsschwelle (Functional Threshold Power, FTP). Ab diesem Wert erhältst du die Zonen, von denen wir vorher gesprochen haben. Wenn du jedoch wenig trainiert bist, würde ich dir empfehlen, 10’ zu fahren und zwischen 10% und 15% abzuziehen.
Tomi: Ja, man muss sich zudem anpassen, man lernt jedoch anders fahren, deine Stärke zu regulieren, kurz gesagt, effizienter zu fahren.
Habt Ihr an allen euren Rädern einen Powermeter?
Alberto: Ja, obwohl ich ihn vor allem an Tagen benutze, an denen ich Qualitätstraining habe, Serien fahre.
Mikel: Ich auch. Um die Wahrheit zu sagen, wenn ich einen Tag mit einem Fahrrad ohne Powermeter trainiere, bräuchte ich gefühlt wohl fünf Tage mehr um für denselben Trainingseffekt zu erreichen …
Tomi: Außer beim Rallon. Nach so viel Training kennst du dich gut und bei der Abfahrt kannst du nicht ständig auf die Watt achten, sondern musst dich auf die Strecke konzentrieren. Bei Enduro-Rennen würde es mir schon helfen, um zum Beispiel den Einsatz am Anstieg zu kontrollieren, denn die Strecken sind lang und man darf nicht überziehen. Beim Training benutze ich ihn sehr oft, da er mir hilft, effizienter zu arbeiten.
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Und euch beiden anderen, wobei hilft er euch?
Alberto: In meiner Profizeit war er mir von großer Hilfe, da ich wusste, wenn ich bei einem bestimmten Wattwert fuhr, konnte ich das Peloton “zerfahren” oder wenn ich an zwei Bergen vorne fahren musste, konnte ich meine Leistungsreserven mir genau einteilen. Bei den MTB-Rennen achte ich nicht so viel auf den Powermeter.
Mikel: Bei meinen Ultrawettkämpfen ist er unerlässlich, da er mir hilft zu wissen, ob ich mehr als gewünscht verbrenne (je nach Zone in der ich gerade fahre). Bei diesen Wettkämpfen ist der Powermeter ein Muss.
Bei einer Ausfahrt in der Gruppe kommst du zum Beispiel nach 15 Minuten an einen ersten kleinen Anstieg und hast eine Schwelle von 300 W. Du siehst, dass du 450 W gibst; das sind 150 W mehr als erforderlich und die du verschenkst. Du gehst sofort mit dem Tempo runter. Die Herzfrequenz hat an einem kurzen Anstieg möglicherweise keine Zeit, diese anaerobe Schwelle zu erreichen, um dir zu sagen, was los ist.
Außerdem ist das Wichtige bei Watt, wie lange du dein FTP aushalten kannst, oder? Heute ist das Bezugsverhältnis Kilo/Gewicht total in (zwei Fahrradfahrer bei gleicher Wattleistung aber mit unterschiedlichem Gewicht, der Leichtere fährt schneller), entscheidend ist jedoch die Kapazität, diese FTP zu halten; die sogenannten Kilojoule, die Energie, die der Fahrradfahrer aufbringen muss, um 1 Watt pro Sekunde zu erzeugen.
Weiter geht’s: Wann und wie habt Ihr begonnen den Powermeter zu benutzen?
Alberto: 2010. Im Jahr 2011 habe ich angefangen, die Daten zusammen mit einem spezifischen Trainer auszuwerten, der uns begleitete. Damit begann eine spürbare Verbesserung. Heute könnte ich ohne Wattmeter beim Training nicht mehr auskommen.
Mikel: Ich habe vor drei Jahren angefangen und ehrlich gesagt, ich könnte mir heute ein Training ohne ihn auch nicht mehr vorstellen, nicht mal auf der Tretmühle. Vorher benutzte ich den Pulsmesser.
Tomi: Ich so um 2011. Ich habe am Instituto Nacional de Educación Física y del Deporte (INEF; Spanische Sporthochschule) studiert und mich auf Training spezialisiert. Daher interessieren mich alle Parameter, die zur Verbesserung beitragen und die erfassten Daten zu vergleichen.
Ich nehme an, Ihr habt mehrere ausprobiert …
Alberto: Ja, ich habe mehrere ausprobiert (lacht). Jetzt benutze ich den ROTOR 2INpower und ehrlich gesagt bin ich sehr zufrieden mit ihm. Er ist zuverlässig, präzise und kann mit einer Batterie geladen werden, die 300 Stunden hält; ein wichtiger Fortschritt, da man nicht ständig Batterien wechseln muss. Es handelt sich um einen Powermeter, der die Werte von jedem Bein misst, falls es irgendein Problem der Asymmetrie gibt oder falls du mit einem Bein stärker trittst als mit dem anderen usw. Dank der Daten, die er über den Torque 360º übermittelt, hilft er dir viel runder zu treten.
Mikel: Ich habe auch so einige probiert. In den Pedalen, die sich in der Tretkurbel befinden; zurzeit benutze ich den 2INpower von ROTOR, da er mir viele Daten gibt. Zusätzlich fahre ich mit den ovalen Kettenblättern Q RINGS®, die verschiedene Positionen haben. Der Powermeter gibt mir viele Daten, die mir helfen, meine Position zu bestimmen*. Und dabei war ich anfänglich gar kein Fan von ovalen Blättern; jetzt will ich nichts anderes. Dasselbe ist mir mit den Scheibenbremsen passiert.
Tomi: Ich benutze denselben Powermeter. Am Anfang haben wir im Orbea Factory Team mit der Messung an nur einem Bein begonnen, später mussten wir jedoch beide zusammen messen und jetzt erhalten wir die Werte von jedem einzelnen Bein. Auf diese Art und Weise erhalten wir unheimlich viel Information, soviel, dass ich sie manchmal mit der der Federung vergleiche: Hoch- Niedrigeinstellung, Rebound usw.
* Zum Abschluss … Wie sehen diese Daten aus, die dir helfen die Kettenblätter von Q RINGS® deinem Tritt entsprechend einzustellen, Mikel?
Mikel: ROTOR verfügt über eine App, die dir eine Menge Daten übermittelt. Diese App wertet all diese Daten aus und sagt dir zum Beispiel, welche die beste Position der Blätter je nach deiner Art des Tretens ist (sogenannte OCP oder OCA Technologien). Sie hilft dir sogar die Effizienz beim Treten zu verbessern, da die App dir Daten gibt über wie rund du trittst, was äußerst hilfreich ist. All diese Informationen, die ich bekomme, geben mir die Möglichkeit mich auf meinem Fahrrad effizienter zu verbessern.
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